Heute geht es um den neuen Kyushu Shinkansen, der Ende dieser Woche noch eröffnet wird.
Kyushu ist eine der vier großen Hauptinseln Japans. Sie ist die drittgrößte oder zweitkleinste, ganz wie man will. Von der Fläche her ist sie etwas größer als Baden-Württemberg und etwas kleiner als die Schweiz.
Geschichtlich wie landschaftlich hat die Insel – selbst innerhalb Japans – sehr viel zu bieten. Daher ist sie auf jeden Fall einen Besuch wert, selbst auf einer kürzeren Japanreise.
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Shinkansen Fahrt bisher
der Stand bisher ist der, wollte man Hakata (Fukuoka) ins südwestlich gelegene Nagasaki, konnte man bequem und ohne umzusteigen mit dem Kamome Express, Kamome bedeutet übersetzt soviel wie Seemöwe, sehr komfortabel, schnell und ohne umzusteigen bis in die geschichtsreiche Küstenstadt fahren
Der Schnellzug hatte ein schlankes, innovatives Design, hatte geschwungene bis fast schon gebogene Außenwände
hatte Galleriewagen, schick designte Sitzen, nostalgischen Telefon/Snack-Bereich
rd. 160 km, 154 km gings entlang der Todoroki-Bergkette zur rechten mit ihren zahlreichen Schluchten, Tempeln und verträumt gelegenen Wasserfällen, bis hin zum Blumenmeer auf dem Shiraki-Mine-KogenPlateau bei Isahaya und der meist nur rund 20 m tiefen, aber tiefblauen Ariake-See zur linken
diese hat mit 6 m den größten Tidenhub Japans, dadurch sehr viel Watt und ist somit bestens geeignet zum Nori Anbau, wie man schon vom Zugfenster aus sehr gut sehen und beobachten konnte
2/3 der gesamten japanischen Nori-Ernte kommt übrigens genau von hier
Nori sind übrigens geröstete, getrocknete Meeres-Algen, die man zwischenzeitlich auch in Deutschland kaufen kann.
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Ja, die Strecke war kurvenreich und es gab manchmal einen Ruckler, aber genau da konnte der vergleichsweise schmale und fast schon wendig gebaute Zug seine Vorzüge perfekt ausspielen, denn er war für solche Bedingungen bestens ausgelegt
man saß eben in einem bequemen, technisch ausgereiften Schnellzug
dazu noch die chic durchdesignte Innenausstattung mit ihren vielen kleinen Extras
von den zusätzlichen Aufenthaltsbereichen, die in sonst auf Kapazität optimierten japanischen Zügen eher Mangelware sind, bis hin zu den stets tadellos funktionierenden, rasant schnellen Automatiktüren zwischen Wagen und Abteilen
Selbst die Sitzpolsterung war farblich im Corporate Design, die einem eher das Fahrgefühl Roadster als SUV, eher Sportwagen als Hummer vermittelt haben
der eigentlich entscheidende Punkt aber war der Nonstop-Service bis Nagasaki
der wiederum hat eben gerade ausländischen Gästen sehr in die Hände gespielt.
Denn, selbst wenn Gepäck zum nächsten oder übernächsten Hotel vorab versandt wurde, gab es trotzdem immer noch ein wenig Handgepäck mit Taschen bis hin sogar zu kleineren Koffern
auf 2 h oder mehr, je nach Uhrzeit, konnte man sich aber – alles einmal verstaut – schön zurücklehnen und die Fahrt genießen, die Landschaft einfach mal an sich vorbei ziehen lassen
Eben genau das, was eine entspannte Reise einfach ausmacht
Eine Fahrt OHNE Umsteigen ist daher eben gerade MIT Gepäck sehr wichtig
Selbst bei Ankunft war keine Hektik angesagt, denn Nagasaki ist zum eine Endstation, zum anderen aber auch Sackbahnhof
Stressfreies Aussteigen, noch dazu im Zentrum der Stadt war also garantiert
Änderungen ab 23. September
nun gibt es also Änderungen, die ab 23. September wirksam werden
Denn ab 23. September alles anders!
Dann gibt es einen neuen Zug, genauer gesagt einen Shinkansen, aber nur auf einem Teilbereich und noch dazu auf einer anderen Streckenführung als jetzt
er verbindet Präfekturen Saga mit Nagasaki, also eher den westlichen Teil Kyushus
hat aber allein auf der Shinkansen-Strecke noch mal 4 Stopps
Nach Takeo Onsen, dem Startpunkt des neuen Shinkansen sind das: Ureshino Onsen, Shin-Omura an der Westküste, Isahaya im Süden und schließlich dann Nagasaki
die Anreise zum neuen Shinkansen will ichs mal nennen, geschieht aber immer noch in traditionellen Zügen statt einem Umstieg von Shinkansen zu Shinkansen
denn man nahm an, dass der Nishi-Kyushu oder auch Kamome Shinkansen an den ja bereits bestehenden Tsubame, also den eigentlichen Kyushu-Shinkansen, der zwischen Hakata und Kagoshima verkehrt, angebunden wird. Aber dem ist nicht so!
Denn bei der Verbindung zu eben dieser Hauptstrecke ist man sich noch nicht mal über die Streckenführung einig, geschweige denn über den Baubeginn
Kommt man also mit dem Shinkansen etwa aus Tokio, Osaka oder Hiroshima, muss man, in Hakata angekommen erst ein Teilstück mit einem normalen Zug zurücklegen, nur um dann für die restlichen 23 Minuten wieder in einen Shinkansen umzusteigen
hinzu kommt: man muss dafür nicht nur den Zug wechseln, sondern braucht auch wieder neue Reservierungen, muss erneut seinen Wagen und darin die neuen Sitzplätze suchen, Gepäck neu verstauen, Jacke ablegen, etc., etc.
Möglichst schnell, denn der Transfer ist ja auch nur kurz.
So kommt man also genau in die Hektik, die einem mit der jetzigen, bewährten Lösung erspart wird
Und bis ich dann wieder Ruhe gefunden hab – wenn überhaupt, sind wir auch schon da und ich muss wieder aussteigen
Es wird also kaum Zeit bleiben, um die auch dort schöne Landschaft entlang der Omura-Bucht und den grünen Teefeldern zu genießen
und das alles für nur 30 Minuten? Schließlich ist man ja im Urlaub und nicht auf der Flucht
Und eine wahre Bahn-Alternative gibt es nicht, denn die alte, noch bestehende Linie wird mit Einführung des neuen Shinkansens teils in einen Lokalzugverkehr umgewandelt und verliert so all ihre komfortablen Vorzüge
Gibt’s neue Jobs durch 30 Minuten Zeitersparnis ?
JR Kyushu will an und um die neue Strecke neue Hotels bauen
Behörden in Nagasaki rechnen mit einer jährlichen Zunahme von 55.000 Gästen, die eine oder mehrere Nächte in Nagasaki bleiben
aber auch die Onsen-Orten machen sich für die neue Strecke stark
Ureshino Onsen etwa sponsert 50% der Kosten einer Monatskarte, wenn damit zur Arbeit oder zur Schule gefahren wird
Takeo-Onsen zielt mit ähnlichen Maßnahmen auf Zuzügler ab und will bestehende Anwohner davon überzeugen, nicht aus der Stadt wegzuziehen
so bauen und hoffen örtliche Gemeinden ebenso wie die Eisenbahngesellschaft auf eine Zunahme im Tourismus aber auch eine Wiederbelebung – Betonung liegt auf WIEDER-Belebung – der lokalen Wirtschaft
Zielgruppe klar bei japanischen Touristen
und das zeigt eben auch, wie die Zielgruppe als solche definiert wird, nämlich aus Neukunden der nahgelegenen Kansai- und Chugoku Region, wie es in der Eröffnungsrede hieß
kein Wort dabei zu internationalen Gästen
Kansai übrigens ist die Region um Osaka, Kioto, Kobe und reicht rauf bis an die Japansee
Chugoku besteht aus allem westlich davon, also die Präfekturen Okayama, Tottori, Shimane und Yamaguchi
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Konkurrenz vor der Haustür
Neben dem fehlenden Teilstück zum Kyushu-Shinkansen und damit zum Tor der Großstadt Fukuoka, sind die hohen Kosten Sand im Getriebe eines optimalen Starts
Und die jetzt schon sehr preisgünstige Konkurrenz hat bereits Alternativen, etwa mit der Buslinie von Fukuoka (Hakata) nach Nagasaki
Diese kostet jetzt schon, also im Vergleich zu den derzeitigen und bald alten Preisen, weit weniger als die Hälfte. Natürlich ohne umzusteigen versteht sich
Aber genau das ist ja ein Angebot, das viele aus der japanischen, eher preisbewussten Zielgruppe direkt anspricht
Aber nicht nur der Preis, sondern auch die Fahrzeit ist mit 2:42 h äußerst attraktiv
Denn eines gibt es auch in dieser Region schon seit Jahrzehnten und das ist die Autobahn, die die Onsenorte im Landesinnern verbindet.
Somit fällt oder fährt der Bus quasi ins gemachte Bett
Daten, Fakten, Technik
die Strecke ist 66 km lang, dauert gerade mal 23 Minuten (Kioto-Umeda 42,9 km)
Nur mal zum Vergleich:
auf der deutlich längeren Strecke zwischen Hakata / Fukuoka bis Kagoshima, also am südlichen Ende der Insel Kyushu, braucht der Mizuho Shinkansen gerade mal 33 Minuten (!!!) – und das bei einer Strecke von rund 260 km
die neue Shinkansen-Strecke im Westen ist diekürzeste Shinkansen-Strecke Japans!!
der Zug besteht nur aus 6 Wagen und hat keine First-Class, also keine sogenannte Green-Sha
entlang der Omura-Bucht, die eigentlich einem See ähnelt und am Nord-West Ende eine 200 m breite Öffnung ins Ostchinesische Meer bietet, verspricht die Strecke auf jeden Fall schon mal landschaftlich attraktiv zu sein
dennoch soll sich die gesamte Fahrzeit um gerade mal nur 30 Minuten verkürzen
Google Maps
auf Google Maps nachgeschaut, stellt man fest, die Bahnstrecke ist soo neu, dass sie noch nicht mal auf Google Maps verzeichnet ist…
sag mal, kann vielleicht mal jemand bei Google anrufen und denen das sagen …?!?!
Das wissen die vielleicht noch gar nicht!?!
Kleines Trostpflaster zum Schluss
und jetzt ein kleines Trostpflaster zum Schluss: ein neuer Touristenzug, der „Two Stars 4047” soll zeitgleich starten und seinen Betrieb aufnehmen, also auch am 23. September
Auch von Takeo Onsen aus, auch bis NagasakiAnders als der Schnellzug aber, soll der noch mehr an der Westküste entlang führen
auch er orientiert sich eher am Geschmack japanischer Touristen, obgleich im Osten der Insel, es mit dem chic-nostalgischen Zug nach Beppu auch ganz andere Beispiele, erfolgreiche Beispiele gibt
Zugdesigner als wichtiger Bestandteil neuer Modelle
Designer des Zugs, auch das hat in Japan bis hinauf nach Hokkaido Tradition, war hier Eiji Mitooka, der schon für den „7-Stars-Kyushu” verantwortlich war
Fazit
Durch die fehlende Direktverbindung zum einen und dadurch den Anschluss an die Großstädte zum anderen, bleibt offen, ob die neue Strecke von lokaler Seite wie von internationalen Gästen angenommen wird und sich die Erwartungen erfüllen werden
Privatreisen nach Kyushu und viele weitere, interessante Themen finden Sie auch unter www.gotokio.de.
Schaun Sie einfach mal vorbei, wir freun uns auf Sie.
Ja, das war’s schon wieder für heute, danke fürs Zuhörn und dabei sein. Abonnieren Sie unsere Show kostenlos, dann erfahrn Sie immer, wenn’s eine neue Folge gibt.
Servus und bis zum nächsten Mal im JapanPodcast.
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